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(Wie) willst du die Schweiz digitalisieren?

Anna Boos
23.09.2020

Das Thema Digitalisierung betrifft uns alle und sollte dementsprechend von allen mitgestaltet werden können. Aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit ethix und der Stiftung Mercator das DigitalLabor ins Leben gerufen. Das DigitalLabor ist eine Tour durch die Schweiz und hat zum Ziel, mit der jeweiligen lokalen Bevölkerung wünschenswerten Szenarien für eine digitale Schweiz zu entwickeln. Dabei wollen wir vor allem die Spekulationsfreude wecken. Sie ist unserer Meinung die beste Möglichkeit, um Zukunft real und umsetzbar zu machen.

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Mit dem DigitalLabor Zukünfte kreieren

Das Thema der Digitalisierung ist in aller Munde. Es ist unbestritten Sie findet statt. Und wird unsere Gesellschaft in Zukunft prägen. Bei manchen löst das Unbehagen aus. Was passiert mit den Arbeitsplätzen bei fortschreitender Automatisierung? Werden Google, Amazon, Apple und co. all unsere Lebensbereiche und unser Verhalten kontrollieren? Werden wir zukünftig in einer Welt leben, in der menschlichen Eigenschaften wie die Intuition zu Gunsten der Datenintelligenz weichen müssen? Solchen Fragen begegnen wir in unserem Alltag und im Austausch mit der Bevölkerung immer wieder. Gleichzeitig ruft die Digitalisierung auch Enthusiasten auf den Plan. Wieso nicht neue Technologien nutzen, um uns von mühseliger Arbeit zu befreien? Würden wir dadurch nicht sogar an Autonomie gewinnen?

So unterschiedlich die Ansichten bezüglich Digitalisierung sind, so unterschiedlich sind die denkbaren Zukunftsszenarien. Denn: die Digitalisierung bricht nicht einfach so herein, sondern sie wird aktiv und durch verschiedene Akteure geformt. Es sind immer unterschiedliche Zukünfte denkbar. So haben sich in den letzten Jahren immer mehr Expert*innen aus Politik und Zivilgesellschaft formiert, um zusammen die Zukunft der Digitalisierung zu prägen. Digitalisierung betrifft aber nicht nur Expert*innen sondern alle. Und so sollten alle in den Gestaltungsprozess mit eingebunden werden. Dazu müssen Gefässe geschaffen werden, in denen sich die Bevölkerung austauschen kann und gemeinsam ihre Szenarien entwickeln und umsetzen kann.

Genau das haben wir uns zum Ziel gesetzt und gemeinsam mit ethix, dem Lab für Innovationsethik, und der Stiftung Mercator das DigitalLabor ins Leben gerufen. Es ist eine Roadshow durch die Schweiz. Mit insgesamt acht Stopps reisen wir durch alle Sprachregionen der Schweiz und schaffen Räume, wo sich die jeweils lokal ansässige Bevölkerung über ihre Zukunftsvisionen austauschen kann. Mit den gesammelten Visionen im Gepäck reisen wir dann zur nächsten Station und stellen diese zur Diskussion. Ziel ist es, ein umfassendes Bild darüber zu zeichnen, was sich Schweizer*innen von der Digitalisierung wünschen. Im Zentrum stehen drei Fragen: Wie – wenn überhaupt – willst du die Schweiz digitalisieren? Wie sieht die Zukunft der Arbeit und Bildung aus? Und wie willst du in Zukunft am Dorf- oder Stadtleben teilhaben?

Der erste Stopp des DigitalLabors: Ein Rückblick

Den Auftakt dazu bot unsere erste Station im Toggenburgerischen Lichtensteig am 18. und 19. September. In unterschiedlichen Formaten haben Toggenburger*innen wünschenswerte Zukunftsszenarien entwickelt und sich gemeinsam Gedanken gemacht, wie sie dort hinkommen. Dieser spekulative Ansatz hat ein mächtiges Wirkpotential. Treffender wie die Science-Fiction Autorin Ursula K. Le Guin kann man es kaum formulieren: «Man kann etwas real machen, in dem man es benennt». Damit wir als Gesellschaft proaktiv auf eine wünschenswerte Zukunft hinarbeiten können, brauchen wir eine konkrete und geteilte Vorstellung davon. Erst indem wir mögliche Zukünfte mit Worten und Bildern benennen können, können wir sie aber vorstellbar und schliesslich verhandelbar machen. Aus diesem Grund haben wir an unserem ersten DigitialLabor-Stopp die Toggenburger*innen dazu eingeladen, selbst zu Science-Fiction Autor*innen zu werden. Während zwei Tagen haben wir gemeinsam über mögliche Zukünfte spekuliert. Die folgenden Einblicke in das Programm des ersten Stopps zeigen, was sich die Toggenburger*innen ihre Zukunft vorstellen.

Zukunftswerkstatt

Den Anfang machten die dreizehn Schüler*innen aus der 3. Oberstufe in Wattwil. Gemeinsam haben sie über Werkzeuge der Zukunft nachgedacht und sich dabei Gedanken über ihre zukünftigen Berufe gemacht. Denn eine OECD Studie geht davon aus, dass in 20 Jahren ca. 40% der Jobs genau dieser Schülerinnen und Schüler nicht mehr existieren wird. Am Ende des Workshops entstanden spekulativen Artefakte (siehe unten), welche von den Jugendlichen kreiert wurden. Dieses Format werden wir an den weiteren DigitalLabor-Stopps wiederholen und die wachsende Sammlung der Artefakte in Form einer Wanderausstellung stets mit uns mitführen. Auf diese Weise können wir die Zukunftsvisionen von Jugendlichen fassbar machen und zur Diskussion stellen. Bisher umfasst die Sammlung unter anderem einen Handschuh zur Steuerung von Roboterhänden, einen fliegenden Teppich, Armbänder mit holografischen Displays und komplett automatisierte Verkaufsregale.

Visionen für ein digitales Toggenburg

Im Rahmen der Visionsveranstaltung «Wie soll ein digitales Toggenburg in 2030 aussehen?» wurden fünf Toggenburger*innen eingeladen, ihre Visionen zu präsentieren. Diese wurden im Anschluss durch das Publikum hinterfragt, debattiert und erweitert. Am Ende entstand eine Sammlung von Perspektiven auf eine wünschenswerte Zukunft des Toggenburgs und ein buntes Panorama konkreter Vorschläge und Ideen, wie sie sich realisieren lassen: Lichtensteig soll zur europäischen Kulturhaupstadt werden.
Ein Grundeinkommen und Freiwilligenarbeit für die Gemeinschaft soll Toggenburger*innen Raum für sinnstiftende Tätigkeiten geben.
Die urbane Bevölkerung sucht zunehmend die Nähe zur Natur und findet sie im Toggenburg. Auch wenn sich die Vorstellungen und Wünsche der Teilnehmenden in mancherlei Hinsicht unterschieden, so waren sich die Toggenburger*innen im Kern doch einig: Die Digitalisierung birgt viele Chancen. Technologie sollte als Mittel zum Zweck genutzt werden, nämlich um ein lebenswertes Toggenburg der Zukunft zu gestalten. Aber dennoch frei wählen zu können zwischen dem Analogen und dem Digitalen, sei wichtig. «Meine Fensterläden möchte ich gerne auch in Zukunft noch selbst schliessen», brachte eine Teilnehmerin dies auf den Punkt.

Thinkaton

Während des Thinkathons wurde ein lokales digitales Thema aufgegriffen: Wie können digitale Kanäle und Tools optimal eingesetzt werden um lokale Produkte – made in Toggenburg – bekannter zu machen und besser zu vermarkten? Konkret ging es dabei um die Weiterentwicklung des Toggenburgshops, ein Online-Shop für lokale Produkte. Zum einen soll die lokale Verankerung des Toggenburgshop gefördert werden, zum anderen soll der Toggenburgshop auch über die Regionsgrenzen hinaus Bekanntheit erlangen. Die durch den Design-Thinking Prozess entstandenen Lösungsansätze hatten eines gemeinsam: ein digitaler Shop für Toggenburger Produkte muss physisch erlebbar sein und darf nicht nur rein digital bestehen. Sowohl Produzent*innen als auch Konsument*innen schätzen nach wie vor den persönlichen Austausch in der physischen Welt.

Der nächste Stopp des DigitalLabors: ein Ausblick

Die oben genannten Formate und weitere werden wir an allen darauffolgenden DigitalLabor-Stopps wiederholen. Am Ende unserer Tour werden wir so eine Landkarte an wünschenswerten Zukünften für die digitalisierte Schweiz zeichnen können. Unsere nächste Station ist Zürich, wo wir uns am 30. und 31. Oktober im Karl der Grossen treffen werden. Dabei laden wir dich ein, mutig über mögliche Zukünfte für deine Region nachzudenken. Wir bringen die Formate, du die Ideen.

Die Anmeldung für den nächsten Stopp in Zürich wird in Kürze auf www.karldergrosse.ch freigeschaltet. Wir werden dich über den Newsletter des DigitalLabor informieren, sobald du dich registrieren kannst.

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