Eine Plattform für Menschen ohne Stimmberechtigung

Für den Prototype Fund hat das Dezentrum das Forum For Inclusion entwickelt. Eine Webapplikation, auf der Menschen ohne Stimmberechtigung ihre Meinung zu nationalen Abstimmungen teilen können. Anonym und per voice message. Damit möchten wir hinterfragen, wer an dem demokratischen Diskurs teilnehmen darf und gleichzeitig mit digitalen Öffentlichkeiten experimentieren. Einmal im Jahr fördert der Prototypefund von Opendata.ch Projekte, welche digitale Partizipation stärken wollen.

35% der Schweizer Bewohner*innen haben kein Stimmrecht

In der Schweiz hat 25.5% der Bevölkerung keinen Schweizer Pass. Gleichzeitig werden Menschen immer älter. Inzwischen ist die Hälfte der Stimmberechtigten über 57 Jahre alt. Minderjährige Schweizer:innen machen dennoch signifikante 14% der Bevölkerung aus. Während es in manchen Gemeinden und Kantonen ein Ausländer:innen-Stimmrecht oder das Stimmrechtsalter 16 gibt, ist das auf nationaler Ebene nicht der Fall.

Das heisst, dass ein beachtlicher Anteil der Menschen, die in der Schweiz leben, nicht an politischen Entscheidungen teilhaben dürfen. Das kann zu einem Problem für eine Demokratie werden. Denn die Daseinsberechtigung einer Demokratie entsteht dadurch, dass politische Entscheide von möglichst vielen getroffen werden.

Ich lebe seit 7 Jahren in der Schweiz. Obwohl ich keine Schweizerin bin, ist hier meine Heimat. Ich wohne hier, ich zahle Steuern und ich bin von der Politik betroffen, bei der ich nicht mitreden kann.

Auszug aus Audiostatement

Dazu kommt, dass viele drängende Fragen zeitlich und räumlich das traditionelle Verständnis von einem demokratischen Wir sprengen. Digitalisierung oder die Klimakrise sind zwei Beispiele, bei denen klar wird, dass politische Fragen heute nicht nur international, sondern auch intergenerationell betrachtet werden müssen.

Mit dem Forum For Inclusion werden Stimmen hörbar

Mit dem Forum For Inclusion können wir das Problem von Teilhabe nicht lösen - aber wir können darüber nachdenken - potentiell mit ganz vielen Menschen. Gleichzeitig wissen wir auch, dass auf digitalen Öffentlichkeiten eher feindselige Verschwörungserzählungen, als konstruktiver Diskurs stattfinden. Häufig sind sie ein Nährboden für Falschinformationen, Filterblasen und andere disruptive Dynamiken.

Es stellt sich damit die Frage: Kann eine digitale Öffentlichkeit einen respektvollen Umgang ermöglichen, wenn sie keiner Marktlogik folgt? Damit wir einen möglichst sicheren Raum für nicht stimmberechtigte Menschen schaffen konnten, haben wir uns entschieden, einen Prototyp einer eigenen Plattform aufzubauen, um dem Grundrauschen der existierenden Social Media Kanäle zu entkommen.

Mittels Sprachnachrichten teilen Menschen, die sonst nichts zu sagen haben, im Forum for Inclusion ihre Meinung.

Einen neuen digitalen Raum erproben

Prototyping ist ein experimenteller Prozess, in dem Ideen möglichst einfach umgesetzt und möglichst schnell geprüft und verbessert werden. Das Forum For Inclusion ist ein Prototyp, es ist ein Experiment, das sich fragt, wie ein digitaler Raum entsteht, in dem man sich nicht gegenseitig anschreit, sondern einfach nur zuhört. Damit ist das Forum For Inclusion ein Experiment in doppelter Hinsicht - können wir Menschen mit dem Thema der politischen Teilhabe erreichen und sensibilisieren und welche Bedingungen lassen einen menschenfreundlichen digitalen Raum entstehen?

Das Forum for Inclusion gibt Menschen die Möglichkeit ihre Meinung zu teilen, denen sonst nicht zugehört wird

Gesa Feldhusen

Projektmitarbeiterin

Beitrag zum Forum For Inclusion auf Baba News

Wie geht es weiter?

Wir sind der Überzeugung, dass das Forum for Inclusion Potenzial hat, den Diskurs in der Schweiz und die Aufmerksamkeit auf das Thema Stimmrecht zu lenken. Nach ersten Gesprächen mit dem Ausländer:innen Beirat Zürich sowie einem Austausch mit dem Common Grounds Projekt in Winterthur steht fest, dass es bereits viele Akteur:innen gibt, die zu dem Thema arbeiten und dass der Prototype auf Interesse stösst. Erste Schritte die Plattform nach aussen zu tragen waren ein Artikel auf Baba News, genauso wie ein Interview beim Stadtfilter Radio und ein Workshop gemeinsam mit dem Common Grounds Projekt, um in einem kleineren Rahmen über Stimmrecht zu diskutieren.

Medienspiegel

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Jeannie Schneider
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