Alle vier Jahre publiziert die Bundeskanzlei eine Lage- und Umfeldanalyse, die dem Bundesrat als Grundlage für seine langfristige Planung dienen soll. Das Dezentrum hat für die Bundeskanzlei die Frage beantwortet, ob wir 2035 noch mit Notengeld bezahlen.
Lage- und Umfeldanalyse Bargeld für die Bundeskanzlei
Alle vier Jahre publiziert die Bundeskanzlei eine Lage- und Umfeldanalyse, die dem Bundesrat als Grundlage für seine langfristige Planung dienen soll. Das Dezentrum hat für die Bundeskanzlei die Frage beantwortet, ob wir 2035 noch mit Notengeld bezahlen.
«Kann man hier mit Bargeld zahlen?» Ist der Fünfliber bald so ein Sammlerstück wie das Goldvreneli?
Schweden wird im Jahr 2023 das erste bargeldlose Land der Welt und auch in der Schweiz nimmt der Stellenwert von Bargeld ab: Die Schweizer Nationalbank forscht bereits an der Machbarkeit von digitalen Zentralbankwährungen. Oftmals stellt sich aber bei neuen Technologien nicht die Frage, ob diese eingesetzt werden sollen, sondern nur wann. Aber legitimiert das blosse Vorhandensein einer Technologie auch deren Einsatz?
Im Jahr 2035: Die Schweiz läutet als letztes europäisches Land die langsame Verabschiedung von Bargeld ein; das Massnahmenpaket «Schweizweite Normalisierungsstrategie der Änderungen der gesamten Geldpolitik (SCHNÄGG)» geht in die letzte Phase.
10. August 2035: Ein Apéro auf dem Bundesplatz. Feierliches Einweihen der neuen 100-Franken-Note. Dieser 100-Franken-Schein ist die letzte Note der 10. Banknotenserie, die in Umlauf gebracht wird. Es ist die letzte physische Notenserie, die die Schweizer Nationalbank jemals drucken wird. Cüpli werden rumgereicht, Menschen sammeln sich um Stehtische und unterhalten sich angetan über die Haptik eines Fünflibers. Darüber, wie sie als Kinder das Geldstück unter ein Blatt Papier gelegt haben und einen Bleistift mit wenig Druck und schnellen Strichen darüberfahren liessen, bis das Konterfei des Alphirten erschien.
In der neuen Notenserie gibt es keine 1000-Franken-Noten mehr; diese wurden bereits 2024 auf Druck der GAFI (Groupe d'action financière) aus dem Verkehr gezogen. Ausserdem ist die Auflage viel kleiner, in einzelnen Kantonen wird bereits relativ flächendeckend auf Bargeld verzichtet. Während in städtischen Regionen das Bezahlen via Fingerabdruck dominiert, gibt es ländliche Gebiete, in denen Bargeld noch genutzt wird. Aber da nun auch das Glasfasernetz bis ins letzte Tal im Tessin verlegt wurde, wird das digitale Bezahlen überall störungsfrei möglich.
Die Bundespräsidentin hält eine kurze Ansprache, in der sie die Schweizer Digitalisierungsstrategie noch einmal bekräftigt, ja, sie sei nicht so zügig vorangeschritten, die Digitalisierung in der Schweiz. Aber wenn man auf die umliegenden Länder blicke, werde klar, dass das gesamtheitliche Massnahmenpaket der einzig richtige Weg gewesen sei. Und seien wir ehrlich, wann hat die Schweiz denn schon jemals etwas so wie die anderen Länder gemacht? Und das Publikum lacht. Sie fährt fort: «Mir persönlich liegt SCHNÄGG besonders am Herzen. Es war gut und richtig, zuerst eine sichere digitale Infrastruktur aufzubauen, wie die E-ID oder die Suisse Servers. Und ich bin stolz, dass wir uns genügend Zeit gelassen haben bei der Umsetzung von SCHNÄGG und so garantierten, dass jedes Grossmami und jeder Büezer weiss, wie man mit dem Portemonnaie digitale eine Zahlung macht, bevor man überall nur noch via Fingerabdruck zahlen konnte.»
Tatsächlich kann die Schweiz als late mover vom Erkenntnistransfer von anderen Ländern profitieren und so verhindern, dass es zu Pannen wie zum Beispiel München 29 kommt, als der Stromausfall den gesamten bargeldlosen Zahlungsverkehr lahmlegte.
Der demokratische Diskurs um die Zukunft des Bargelds wurde durch das proaktive Verhalten des Parlaments im Jahr 2022 vorangetrieben. In dieser Herbstsession war Digitalisierung ein wichtiger Punkt auf der Agenda: Nach den ersten Bevölkerungsbefragungen wurde aber klar, dass nicht nur die Nutzung digitaler Zahlungsmittel, sondern auch die digitalen Kompetenzen innerhalb der Gesellschaft stark variierten.
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Der innovative Aspekt der SCHNÄGG war damals, dass die Strategie aus modularen Policies bestand. So konnte ein Massnahmenpaket präsentiert werden, das über den kleinsten gemeinsamen Nenner hinausging. Diese Module konnten als Sunset-Policies von einzelnen Kantonen implementiert werden, was nicht nur föderale Kompetenzen stärkte, sondern gleich Vor- und Nachteile verschiedener Programme evaluierte. Die Module umfassten digitale Infrastrukturprogramme, Cybersecurity-Sensibilisierung oder Anschubfinanzierung von Bargeldlos-Strategien von kleinen Unternehmen.
Wie viel Spielraum die Kantone tatsächlich in der Implementierung hatten, das heisst, ob es tatsächlich eine Entscheidung war, Bargeld per 2045 abzuschaffen, darüber liesse sich streiten. Die Pandemic Seasons 2019-23 führten zu einem rapiden Anstieg an digitalen Zahlungsmethoden – auch zwischen Privatpersonen waren Lösungen wie TWINT plötzlich weit verbreitet. Als die Europäische Union im Jahr 2030 den E-Euro eingeführt hatte, stieg der Druck auf die Schweiz, eine Strategie zu digitalen Zahlungsmethoden zu entwickeln, umso mehr. Es ist allerdings nicht auszuschliessen, dass das Freedom of Transaction Movement ein weiteres Referendum gegen das Ende des Bargelds ergreifen wird. Insbesondere nach dem plötzlichen Ende von Bitcoin, der wegen seiner negativen Klimabilanz verboten wurde, konnte die Bewegung weitere Mitglieder akquirieren.
Verläuft alles wie geplant, werden die letzten Nötli und das letzte Münz bis 2045 noch zum Bezahlen verwendet werden. Danach wird sich der Alphirt zu den Goldvrenelis gesellen.